Lieber Herr Bast,
Sie wurden im März 2022 von der WGAS für Ihre Forschungsarbeit „Atypical Arousal Regulation in children with Autism but not with ADHD as indicated by pupillometric measures of Locus Coeruleus Activity“ mit dem Weber–Bosch–Preis ausgezeichnet. Wir würden gern mehr über Sie und Ihre Arbeit erfahren.
Wo und mit wem arbeiten Sie momentan?
Ich leite den Bereich Klinische Forschung der KJP Frankfurt unter Prof. Dr. Freitag. Der Bereich Klinische Forschung führt klinische Studien durch und beschäftigt sich mit den neurobiologischen Grundlagen psychischer Störungen. Dort habe ich Eye–Tracking Labore aufgebaut, die eine Erfassung jener neurobiologischen Grundlagen bereits im Kleinkindalter ermöglicht.
Können Sie uns den Schwerpunkt Ihrer Forschung beschreiben? Welche Fragestellungen untersuchen Sie?
Mein Schwerpunkt ist die Erforschung von Pathomechanismen mittels unauffälliger Sensorik, bisher insbesondere bei neurologischen Entwicklungsstörungen mit ASD und ADHS. Effektive psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten dieser Störungen sind wenig entwickelt. Ein Grund dafür ist wohl, dass neurologische Entwicklungsstörungen erst im
Kindesalter über das Verhalten diagnostiziert werden, obwohl zugrundeliegende Pathomechanismen wahrscheinlich bereits im Säuglingsalter eine abweichende Wahrnehmung ausprägen. Das Ziel meiner Forschung ist die Identifikation und frühe Diagnostik dieser neurobiologischen Pathomechanismen, um daraus individualisierte Behandlungen ableiten zu können. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit dem Locus–Coeruleus Norepinephrine (LC–NE) System einen solchen Pathomechanismus bei Autismus identifiziert haben.
Wie wird es nach dem Nachwuchspreis mit Ihrer Forschung weitergehen? Welchen Forschungsfragen würden Sie sich gerne in der Zukunft widmen?
Das LC-NE System als Pathomechanismus werden wir in einem DFG-finanzierten Projekt weiter spezifizieren durch den kombinierten Einsatz von Pupillometrie und EEG. Dabei wollen wir insbesondere LC-NE Aktivität durch physische Aktivität manipulieren. Weiter zeigen spannende Tiermodelle die Relevanz der subkortikalen Modulation sensorischer Verarbeitung durch das LC-NE System. Aktuelle klinische Studien legen nahe, dass das LC-NE System bei internalisierenden Störungen überreguliert und bei externalisierenden Störungen unterreguliert sein könnte. Ich möchte dementsprechend meinen Forschungshorizont erweitern und das LC-NE System als Prädiktor für transdiagnostische Psychopathologie im Kindesalter untersuchen. Mit der ereignis-evozierten Pupillenreaktion haben wir eine Methodik an der Hand, die wir bereits im Vorschulalter einsetzen können. Einen ERC Starting Grant dazu habe ich heute eingereicht.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, unsere Fragen zu beantworten. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihren Forschungsprojekten!